Die häufigsten Krankheiten von Frühgeborenen
Pressemitteilung
Frühchen sind meist keine kranken Kinder. Aber sie sind unreif, da sie mit weniger als 37 Schwangerschaftswochen (SSW) zur Welt kommen und sie sind demgemäß leichter als reife Neugeborene. So kann es unmittelbar nach der Geburt häufig zu gesundheitlichen Problemen kommen. Ursache hierfür sind die noch nicht abgeschlossene Entwicklung und Reifung aller Organsysteme. Es gilt: Je unreifer (kleiner und leichter) die Babys auf die Welt kommen, desto gefährdeter sind sie. Eine besonders häufig gefährdete Gruppe sind die Frühgeborenen < 32 SSW, bzw. < 1500 g Geburtsgewicht.
Atemnotsyndrom
Unmittelbar nach der Geburt können Frühchen durch die Unreife ihrer Lungen beeinträchtigt sein. Sie leiden – je nach Unreife in bis zur Hälfte der Kinder - unter einem mehr oder minder ausgeprägten Atemnotsyndrom. Die Produktion einer körpereigenen oberflächenaktiven Substanz, die ein selbstständiges Atmen ermöglicht, wird erst mit zunehmender Lungenreife (und damit Schwangerschaftsdauer) produziert. Diese Substanz mit Namen „Surfactant“ bildet der Fötus zwar beginnend mit etwa der 24 SSW, aber erst ab der 35. SSW ist eine sicher ausreichende Menge davon in der Lunge vorhanden. „Surfactant“ sorgt dafür, dass die Oberflächenspannung der Lungenbläschen herabgesetzt wird. Nur so können sich die Lungenbläschen entfalten und fallen nach Ausatmung nicht wieder in sich zusammen.
Lungenerkrankung
Die „Bronchopulmonale Dysplasie“, eine chronische Lungenerkrankung unterschiedlichen Schweregrades, ist eine der am häufigsten auftretenden Komplikationen von Frühchen. Ursächlich dafür sind einerseits die bei Frühchen nicht selten notwendige künstliche Beatmung mit daraus resultierender Druckverletzung am Lungengewebe, aber auch die gegenüber der Umgebung im Mutterleib erhöhte Sauerstoffkonzentration im Blut, die das Wachstum der Lungenstruktur negativ beeinflusst. Folglich kommt es zu gehäuften Infektionen an der Lungenoberfläche bis hin zu Lungenentzündungen, aber auch einer vermehrten Reagibilität des Lungengewebes mit obstruktiver Bronchitis.
Herzfehler
Auch Herzanomalien (beispielsweise Defekte der Scheidewände zwischen linkem und rechtem Herzen) kommen bei Frühchen vor. Gesundheitliche Probleme nach der Geburt, denen Frühchen ausgesetzt sind, sind aber vor allem auf eine physiologische Kurzschlussverbindung zurückzuführen: den persistierenden Ductus arteriosus (PDA). Beim Ductus arteriosus Botalli handelt es sich um eine Verbindung zwischen der Hauptschlagader (Aorta) und der Lungenschlagader (Arteria pulmonalis) beim ungeborenen Kind. Weil der Fötus im Bauch noch vom Sauerstoff aus dem Blut der Mutter (nicht aber von der eigenen Lunge) abhängig ist, kann durch den Ductus arteriosus Botalli das Blut weitgehend am Lungenkreislauf vorbeigeleitet werden. Erst nach der Geburt entfalten sich die Lungen durch die Einatmung von Luft, eine normale Durchblutung wird gewährleistet. Entsprechend kann sich das Neugeborene nun selbst mit sauerstoffangereichertem Blut versorgen. Da der Ductus arteriosus Botalli nun nicht mehr benötigt wird, schließt er sich normalerweise in den ersten Lebenstagen, ein Vorgang der bei Frühchen öfters ausbleibt. Wie bereits bei der Lunge ergibt sich auch hier ein inverser Zusammenhang: je unreifer das Frühchen bei Geburt, umso häufiger verschließt er sich nicht spontan, sondern persistiert (PDA).
Retinopathie
Die Netzhaut des im Mutterleib wachsenden Kindes entwickelt sich nach und nach – und zwar unter den Bedingungen einer gegenüber der Luftatmung verminderten Sauerstoff-Konzentration. Zum normalen Geburtstermin ist das Gefäßnetz am Augenhintergrund in der Regel fertig ausgereift und die plötzlich steigende Sauerstoffkonzentration stört nicht. Bei Frühgeborenen ist das anders: Wenn sie auf die Welt kommen, sind die Blutgefäße am Auge noch nicht vollständig ausgebildet. Der im Verhältnis (Wachstum im Mutterleib) vergleichsweise hohe Sauerstoffgehalt führt zu einer unkontrollierten Gefäßneubildung in der Netzhaut. Die Gefäße sprießen und wachsen teilweise in den Glaskörper ein. Dies hat gegebenenfalls eine Beeinträchtigung der Sehfähigkeit, im schlimmsten Fall eine Netzhautablösung zur Folge.
Hirnblutung
Die kleinen Blutgefäße der Frühgeborenen sind sehr zerbrechlich und anfällig. Bei Durchblutungsschwankungen reißen sie schnell - vor allem dann, wenn durch vorherigen Sauerstoffmangel die Gefäßwände bereits vorgeschädigt sind. Eine Hirnblutung entsteht. Die Schwere der Blutungen wird in drei Grade eingeteilt: Grad I und II führen in der Regel zu keinen Folgeschäden. Erst bei Grad III geht man davon aus, dass das Hirn nachhaltig geschädigt wird. Eine Hirnblutung Grad III liegt vor, wenn das Blut große Teile der Hirnkammern ausfüllt. Es besteht nun die Gefahr, dass sich durch den Druck der Blutmenge die Durchblutung in den angrenzenden Hirnregionen verändert. Von einer Hirnblutung Grad III+ spricht man, wenn zusätzlich eine Blutung im benachbarten Hirngewebe nachgewiesen wird. Ein schwerer Hirnschaden mit Entwicklungsverzögerung und -störung ist meist die Folge.
Nekrotisierende Enterokolitis
Die nekrotisierende Enterokolitis, eine Darmentzündung, wird ebenfalls durch die Unreife - in diesem Falle des Darmes - verursacht. Der Darm von Frühgeborenen hat eine nur millimeterdünne Wand. Er ist für die Verdauung der für das Wachstum notwendigen Nahrungsmengen noch gar nicht ausgelegt. Aufgrund der schlechten Durchblutung, aber auch einer denkbaren Fehlbesiedelung (Überwucherung mit potenziell pathogenen Keimen), kann das Darmgewebe geschädigt werden. Häufig stirbt es dann sogar ab (Nekrose). Im schlimmsten Fall reißt die Darmwand und Darminhalt gelangt in den Bauchraum (Perforation). Die Folge, eine Bauchfellentzündung (Peritonitis), erfordert fast immer eine Operation und hat immer noch ein hohes Risiko für ein Versterben oder zumindest den Verlust großer Darmanteile (Kurzdarm).
Erhöhtes Infektionsrisiko
Weil das Immunsystem noch nicht voll ausgebildet ist, haben Frühchen ein erhöhtes Infektionsrisiko. Es ist für sie auch schwerer, eineInfektion mit Bakterien oder Viren problemlos zu überwinden. Schnell greift eine Infektion wegen der schwachen Abwehr auf den gesamten Körper über, überschwemmt diesen mit Erregern und löst eine allgemeine Entzündungsreaktion aus. Im schlimmsten Fall kommt es zu einer Blutvergiftung (Sepsis), auch hier droht Lebensgefahr.
Es ist wichtig, diese Krankheiten von Frühchen möglichst schnell zu erkennen. Nur so können sie zügig behandelt werden. Eine frühe Diagnose verbessert die Entwicklungschancen enorm. Die Magnetresonanz-Tomografen (MRT) ist oft die beste Methode, um bestimmte Krankheiten von Frühchen, darunter vor allem Gehirnschäden, zu diagnostizieren. Röntgen oder Computertomografie wären mit einer großen Strahlenbelastung verbunden.
Da Frühchen auf die schützende Atmosphäre eines Inkubators angewiesen sind, hat das Lübecker Medizintechnik-Unternehmen LMT Medical Systems GmbH einen besonderen Brutkasten für Frühchen entwickelt: Mit dem MR Diagnostik Inkubator System nomag® IC können Frühgeborene direkt in den Magnetresonanz-Tomografen geschoben und dort untersucht werden.
Der nomag® IC wird bisher in vier deutschen Kinderkliniken eingesetzt: Im Universitätsklinikum Jena, im Universitätsklinikum Tübingen, im Universitätsklinikum Essen und in der Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität in Mainz. Weltweit arbeiten 89 Kliniken mit dem nomag® IC.
Danksagung
Der fachliche Teil wurde wissenschaftlich überprüft von Prof. Dr. med. Hans Proquitté, Universitätsklinikum Jena, Klinik für Kinder- u. Jugendmedizin, Sektionsleiter Neonatologie / Päd. Intensivmedizin.
Wir bedanken uns herzlich!